Was Kombinierter Verkehr leisten kann 21/07/25

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Link: https://www.dvz.de/unternehmen/kombinierter-verkehr/detail/news/kombinieren-zaehlt.html

Was Kombinierter Verkehr leisten kann

Warum sich Kombinierter Verkehr für Verlader lohnt – unabhängig von Konjunktur

und Transportaufkommen. Ein Gastbeitrag von Ralf-

Charley Schultze, Generaldirektor der Internationalen Vereinigung für den

Kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR).

 

Ob die Wirtschaft brummt oder stagniert: Für Verlader gibt es gute Gründe, auf Kombinierten Verkehr zu setzen. Rund drei Viertel aller Güter werden derzeit per Lkw transportiert, die Hälfte davon über weite Strecken – und genau hier liegt das Potenzial. Denn fast alles, was im Fernverkehr auf der Straße unterwegs ist, lässt sich auch effizient per Bahn und Binnenschiff befördern. Darauf setzen Spediteure, Terminalbetreiber, Bahnunternehmen und weitere Akteure im Kombinierten Verkehr (KV).

Dieser punktet nicht nur beim Klimaschutz: Auch Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz sprechen für den Umstieg. Der Vergleich mit dem Lkw-Fernverkehr auf Basis eines Euro-6-Diesels zeigt deutliche Vorteile:

1. Der KV Haus zu Haus, so wie er heute betrieben wird, benötigt 70 Prozent weniger Energie pro Tonnenkilometer. Zunehmend stammt diese Energie aus erneuerbaren Quellen – im intermodalen Schienengüterverkehr direkt aus dem Stromnetz.

2. Die im KV Haus zu Haus eingesetzten Arbeitskräfte erbringen 60 Prozent mehr Tonnenkilometer pro Kopf. Darüber sind die Arbeitsplätze besser mit dem Privatleben vereinbar, weil die Lkw-Fahrer viel häufiger zu Hause übernachten.

3. Der KV verhindert darüber hinaus die Verschlechterung des Straßenzustands, der vor allem durch den Schwerlastverkehr verursacht wird. Durch die Verlagerung eines größeren Teils des Lkw-Fernverkehrs könnten Straßeninstandhaltungskosten in Milliardenhöhe eingespart und die mit den Arbeiten verbundenen Staus vermieden werden.

4. Die Sicherheit des KV führt auch zu deutlich weniger Verkehrsunfällen und Staus, und Diebstähle von Ladung werden erheblich seltener vorkommen.

5. Der um 90 Prozent geringere ökologische Fußabdruck des KV – durch weniger Emissionen von Schadstoffen, Lärm und Treibhausgasen – macht die Welt für einen Großteil der Menschheit lebenswerter.

Das Potenzial des KV, diese Leistungskennzahlen – also die Effizienz – weiter zu verbessern, ist beträchtlich. Selbst wenn alle Fernverkehrs-Lkw mit Batterien oder Wasserstoff betrieben würden, selbst wenn sie alle autonom fahren würden, hätte der Kombinierte Verkehr Technologien in der Hinterhand, die mehr leisten können.

 

Mit vorhandenen Mitteln mehr erreichen

Der KV stützt sich auf Vermögenswerte und Technologien, die bereits heute verfügbar sind. Es müssen keine völlig neuen Lösungen oder Technologien erfunden werden. Netzbetreiber wie die Häfen und die Eisenbahninfrastrukturmanager sollten mehr Land für den Bau von Umschlagterminals zur Verfügung stellen. Die Stadtverwaltungen, die für die Planfeststellung ihrer Grundstücke zuständig sind, können jederzeit Flächen für Terminals aus- und zuweisen.

Die Politik muss dringend Reformen bei der Trassenvergabe anstoßen, um den bislang äußerst geringen Anteil der Eisenbahninfrastruktur, der dem Güterverkehr zur Verfügung steht, deutlich zu erhöhen. Über eine EU-Verordnung für das Management von Bahn-Kapazität beraten die EU-Gesetzgeber derzeit. Auf einen Güterzug kommen heute acht Personenzüge, häufig mit einer geringen Anzahl von Fahrgästen an Bord. Die Güterzüge sind hingegen meistens voll ausgelastet. Intermodale Güterzüge sind insofern einzigartig, als dass sie immer paarige Verkehre in beiden Fahrtrichtungen anstreben. Das trägt ebenfalls zur Effizienzsteigerung bei.

Damit der KV sein Potenzial voll entfalten kann, müssen Verlader und weitere Wirtschaftsakteure seine zusätzlichen Vorteile gezielt nutzen – etwa die Möglichkeit, Waren in Containern flexibel zwischenzulagern, ohne sie, wie beim Lkw, unmittelbar nach Ankunft entladen zu müssen.

Die Digitalisierung schreitet schnell voran. Gesetze sollten den Datenaustausch unterstützen, damit die Transparenz des KV mit der des unimodalen Straßengüterverkehrs mithalten kann. Ferngesteuerte oder automatisierte Kräne sowie Fotogates mit optischer Kennzeichenerkennung versprechen weitere Effizienzsteigerungen beim Umschlag. Die ERP(Enterprise Resource Planning)-Systeme der Unternehmen zur Ressourcenplanung können über die sich allmählich entwickelnden Anwendungen für den KV mit Daten gespeist werden, sofern sie auf dessen Nutzung ausgelegt sind.

 

KV-Kapazität ist gestiegen

Die Herausforderungen der Post-Covid-Wirtschaftskrise haben die Widerstandsfähigkeit der Akteure des Kombinierten Verkehrs gestärkt. Die Konzentration auf die produktive Nutzung der Anlagen und Assets, wie der Wagen, trägt zur Verbesserung der Prozesse bei. Terminalentwicklungen und verschiedene Investitionen in Hardware haben dazu geführt, dass der intermodale Sektor im Jahr 2025 trotz aller Unwägbarkeiten aufgrund der Baustellen-Situation in ganz Europa über deutlich größere Kapazitäten verfügt als vor der Pandemie, auch wenn die tatsächliche Leistung etwas zurückgegangen ist.

Die Gemeinschaft und das Netzwerk des KV in Europa sind vollumfänglich und im wahrsten Sinne des Wortes dazu bereit, die Last des Güterfernverkehrs zu übernehmen. Auch staatliche Beihilfen können die Verlagerung von der Straße auf intermodale Verkehrsträger ankurbeln. Ein perfektes Beispiel ist Frankreich, wo der inländische KV 2024 im zweistelligen Bereich gewachsen ist. Spanien arbeitet an einer umfassenden Verlagerung auf das intermodale Verkehrskonzept Autopista Ferroviaria (auf Deutsch Eisenbahn-Autobahn), um tausende von Sattelaufliegern zu befördern, die in den südwestlichen Häfen aus Marokko ankommen.

Alle regelmäßigen Ladungsströme sollten grundsätzlich dem KV anvertraut werden, so dass nur noch die unregelmäßigen und über dessen Kapazität hinausgehenden Mengen ausschließlich per Lkw befördert werden müssen. Dies würde die Frequenz auf nicht straßengebundenen intermodalen Fernverkehrsstrecken erhöhen und einen Qualitätssprung in puncto Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit ermöglichen. Jeder Verlader und jeder Versender sollte ermutigt werden, das Angebot des KV als das Rückgrat seiner Logistik zu nutzen. (cb/fh)

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