Keep going, don't shift (back)! Weitermachen, nicht wechseln! 01/02/22
< Retour à la listeSource: DVZ 01 February 2022
Meinung
Wer im Kombinierten Verkehr die K-Frage stellt, hat ein Thema mit Kapazität oder Kosten. Oder mit beidem. Ganz sicher treibt sie/ihn auch die Qualität um, aber da verdirbt leider die deutsche Rechtschreibung die schöne Alliteration. Um es also klarer zu klammern: Die Freude an der Nutzung der Schiene wird getrübt durch schlechte Leistung, durch knappe Kapazität und überbordende Kosten. Letzteres ist neu, alles andere nicht. Aber alles zusammen ist ein scheinbar überzeugendes Verlagerungspaket, nämlich zurück auf die Straße. Über das „scheinbar“ ist zu reden.
Die unzuverlässige Bereitstellung von Kombisendungen ist ein Stück weit normal. Das Bahnsystem ist ebenso komplex wie störanfällig, und wer es nutzen will, braucht Flexibilität und Pufferzeit. Wenn aber von zehn Zügen drei ganz ausfallen, wie es Hupac-CEO Michail Stahlhut beschreibt (siehe Seite 11), dann ist die Grenze der Leidensfähigkeit eindeutig überschritten. Und zwar bei den Endkunden ebenso wie bei den Unternehmen, die mit Logistikleistungen auf der Schiene ihr Geld verdienen. Damit ist kein Staat zu machen, und eine Verlagerung erst recht nicht.
Quell des Übels ist vor allem die rege Bautätigkeit im europäischen Bahnnetz. Eigentlich begrüßen das ja alle Akteure, weil hier die Ressourcen entstehen, die langfristig die gewünschte Verlagerung auf die Schiene tragen sollen. Aber das Tal der Tränen, durch das alle zähneknirschend zu gehen bereit sind, es zieht sich hin. Und es wird durch schlechte Koordination und nationale Egoismen unnötig verlängert. Ob da allerdings eine übergreifende – sprich korridororientierte – Steuerung Abhilfe schaffen kann, ist fraglich. Die EU stößt bei nahezu allen Themen an alte Grenzen nationaler Eigeninteressen, die sich nur schwer schleifen lassen. Es hat schon seine Gründe, warum die Manager der TEN-Verkehrskorridore in der EU wie zahnlose Tiger aufgestellt sind. Und ausgerechnet hier sollen sie das Beißen lernen?
Zielführender dürfte die hartnäckige Intervention bei den Bahnkonzernen sein. Egal in welcher rechtlichen Konstruktion die Netzbetreiber aufgestellt sind: Sie haben sich dem Anspruch zu stellen, dass die operativen Gesellschaften Geld verdienen müssen. Das schreit nach effizienten Baumaßnahmen mit weitgehender Aufrechterhaltung des Betriebs – und zwar grenzüberschreitend. Dahinter steht auch der Gedanke, dass alle zusammen die Bahn sind, nicht einer allein.
Effizient geplante Bautätigkeit sichert schon mal eine Menge Kapazität, die operativ dringend benötigt wird. Aber auch Entscheidungen wie die über Maße und Gewichte von Lkw im europäischen Straßengüterverkehr spielen eine große Rolle. Wenn da mit einem unbedachten Federstrich mal eben 30 Zentimeter zugegeben werden, kann das Zigtausende Meter Stellplatz auf Spezialtragwagen im Kombinierten Verkehr kosten, weil die Ladeeinheiten nicht mehr passen. Wer konsequent verlagern will, muss über Verkehrsträgergrenzen hinaus denken – das sorgt auch für die nötige Kapazität.
Kommen wir zu den Kosten. Der Preis für Bahnstrom in Deutschland hat sich binnen eines Jahres fast verdreifacht, was aber mit unterschiedlicher Wucht bei den Kunden ankommt. Große Abnehmer sichern sich mit langfristigen Kontrakten gegen kurzfristige Preisschwankungen ab. Wer also im Herbst 2020 einen mehrjährigen Kontrakt geschlossen hat, kann zumindest gegenüber seinen Bestandskunden die Preise einigermaßen stabil halten. Neukunden allerdings trifft der Stromschlag voll. Weil Verlagerung aber ganz oben steht auf allen Planeragenden, dürften Forderungen nach Teilsubventionierung der Stromkosten auf fruchtbaren Boden fallen. Das Thema ist auf allen relevanten politischen Ebenen adressiert.
„Zurück auf die Straße“ ist also die falsche Antwort auf die K-Frage. Das macht auch ein Blick auf die Straße selbst deutlich – Kostensteigerungen sind dort programmiert. Die Strategie für Kombikunden kann deshalb nur sein: Weitermachen, nicht wechseln.