Liberalisierung

Trotz seiner Umweltvorteile* hat der Schienengüterverkehr in Europa im Laufe der letzten Jahrzehnte weiter abgenommen. Obwohl sein Marktanteil 1970 noch 20% des Güterverkehrs ausmachte, ist er in der Zeit bis 2004 auf 10% gesunken. Die Liberalisierung des Eisenbahnsektors soll im Rahmen eines gesunden und regulierten Wettbewerbs dazu beitragen, dass die Marktanteile der Schiene sowie des KV Schiene-Straße ansteigen, indem sie den verschiedenen betroffenen Akteuren ermöglicht, dem Kunden einen qualitativ besseren Service zu wettbewerbsfähigerem Preis anzubieten.

Mit diesem Hintergrund hat die Europäische Union seit Anfang der 90er Jahre mit mehreren gemeinschaftlichen Gesetzen neue Rahmenbedingungen ausgearbeitet. So hat die Richtlinie 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft vor allem die Trennung zwischen der Eisenbahninfrastruktur und der Erbringung von Verkehrsleistung eingeführt und zur Entschuldung der Bahnen beigetragen. Zwei weitere Richtlinien sind ebenfalls verabschiedet worden. Weitere Richtlinien und Verordnungen sollen einen einheitlichen europäischen Eisenbahnmarkt herstellen.

Die Kommission hat folglich zwei Maßnahmenbündel vorgeschlagen, die in den jeweils im März 2001 und im April 2004 verabschiedeten „Eisenbahnpaketen“ zusammengefasst worden sind.

 

Das erste Eisenbahnpaket

Das erste Eisenbahnpaket plante für die internationalen Serviceleistungen des Güterverkehrs die Öffnung:

  • der wichtigsten Strecken („transeuropäischen Güterverkehrsnetze“) bis zum 15. März 2003
  • des gesamten europäischen Schienennetzes bis zum 15. März 2008

 

Das zweite Eisenbahnpaket

Das zweite Eisenbahnpaket umfasste für den Güterverkehr:

  • die Vorverlegung des Datums für die Öffnung des gesamten Schienennetzes für den internationalen Güterverkehrsservice auf den 1. Januar 2007 (anstatt 15. März 2008)
  • die Öffnung des gesamten Schienennetzes für die internationalen und nationalen Serviceleistungen am 01. Januar 2007.

Die Kommission hatte in ihrem im September 2001 veröffentlichten Weißbuch das zweite Eisenbahnpaket angekündigt. Dieses Weißbuch mit dem Titel „Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ hatte u.a. eine Wiederbelebung des Eisenbahnsektors sowie die Schaffung eines rechtlich und technisch integrierten europäischen Eisenbahnraums zum Ziel.

Neben den Bestimmungen über die Lizenzen der Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Sicherheit, Zuweisung von Fahrwegkapazität und Interoperabilität gehört die Liberalisierung des Eisenbahngüterverkehrsmarktes zu den wichtigsten der eingeführten Maßnahmen:
Mehrere Mitgliedsstaaten haben diese Entscheidungen nicht abgewartet und bereits ihren Güterverkehrsmarkt seit mehreren Jahren juristisch geöffnet. So besteht heute ein beginnender Wettbewerb zwischen mehreren Eisenbahnunternehmen in Deutschland, im Vereinigten Königreich, in Österreich, Schweden, den Niederlanden, Italien, Polen, der Tschechischen Republik, den baltischen Staaten und seit dem 1. April 2006 in Frankreich.

 

Das dritte Eisenbahnpaket

Ein drittes Eisenbahnpaket hat die Europäische Kommission am 03. März 2004 vorgelegt, welches am 19. Dezember 2006 vom Europäischen Parlament angenommen worden ist. Es betrifft die Öffnung des Schienenpersonenverkehrs, die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern und die Rechte und Pflichten der Reisenden. Die von der Kommission vorgeschlagene Bestimmung für Entschädigungen für den Güterverkehr wurde abgelehnt, da Parlament und Rat der Meinung waren, dass sie nicht den Interessen des Sektors entspräche. Die UIRR hat auf die durch die Eisenbahn-Unpünktlichkeit für die gesamte Transportkette verursachten Kosten hingewiesen, und die Kommission aufgerufen, das Dossier der Güterverkehrsqualität weiter auf der Tagesordnung zu lassen.

Schließlich soll im Bereich des Güterverkehrs eine Mitteilung über ein auf Güterverkehr ausgerichtetes Schienennetz von der Kommission im Jahr 2007 angenommen werden. Sie wird einen Aktionsplan zur Entwicklung eines solchen Schienennetzes vorstellen, das rechtzeitig zum Ausbau eines Güterschienennetzes führen könnte. Sie wird sich auf Ziele für den Zeitraum 2010 – 2015 konzentrieren.

 

Entsprechende Dokumente
Kombinierter Verkehr und die Bahnliberalisierung: von der Theorie zur Umsetzung DE EN FR
Stellungnahme der UIRR zum zweiten Eisenbahnpaket DE EN FR
Güter-Freeways: Sicht der KV Operateure DE FR