Antje Falk nimmt Abschied

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Antje Falk nimmt Abschied

09. September 2025 | Die Terminalmanagerin von Baltic Rail Gate geht in den Ruhestand. Sie hat das Unternehmen aufgebaut und auch schon mal Hand angelegt, wenn gar nichts mehr zu gehen schien.

Die rote Warnweste hängt wie immer griffbereit über der Rückenlehne ihres Schreibtischstuhls, doch an der Bürowand stapeln sich die Umzugskartons: „Ich habe hier im Laufe der Jahre einiges angesammelt, was mein Nachfolger nicht braucht. Das muss jetzt raus.“

Ein wenig Wehmut klingt in der Stimme von Antje Falk. Nach 25 Jahren als Geschäftsführerin des Intermodalterminals Baltic Rail Gate, kurz BRG, in Lübeck-Travemünde wechselt sie in den Ruhestand und macht ihren Stuhl für ihren Nachfolger Dietmar Lonke frei. Der offizielle Wechsel fiel mit zwei anderen großen Ereignissen zusammen. So feierte das Unternehmen zugleich sein 25-jährige Bestehen und – als wäre das noch nicht genug – den Abschluss der umfangreichen Ausbauarbeiten.

Dabei wurden die sechs Gleise des direkt auf dem Skandinavienkai der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) liegenden Terminals von 600 auf Ganzzug-taugliche 740 Meter verlängert. Zudem wurde ein dritter Portalkran in Dienst gestellt, der am Jubiläumstag offiziell die ersten Container und Trailer verladen hat. Damit hat sich die Umschlagkapazität von BRG auf bis zu 240.000 Einheiten jährlich erhöht – rund doppelt so viele wie zuvor. Zudem entstand ein neues Betriebsgebäude.

18 Millionen Euro hat die Eigentümerin LHG in den Ausbau gesteckt, 80 Prozent davon wurden vom Bund gefördert. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen durfte die LHG das Terminal jedoch nicht allein betreiben, sondern nur mit einem Partner. „Wir mussten nicht lange überlegen und haben Kombiverkehr als 50-prozentigen Anteilseigner für die neue Betreibergesellschaft gewinnen können.“ Doch damit standen die Signale noch nicht automatisch auf grün: „Wir mussten uns im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung gegen drei weitere Bewerber für den Betrieb durchsetzen – das ist uns auch gelungen.“

Punktlandung hingelegt

„Das war mein großes Ziel, mit meinem Ausscheiden eine ausgebaute, gut funktionierende Anlage an meinen Nachfolger zu übergeben“, freut sich Falk. Und hat damit eine Punktlandung hingelegt. Mitte 2023 begannen die umfangreichen Bauarbeiten, „die sind trotz des weiter laufenden Betriebs prima und hochprofessionell über die Bühne gegangen“.

Rückblick: 1992 stieg Falk zunächst als Controllerin bei der LHG ein. Der Terminalbetreiber hatte sich damals gerade neu strukturiert und eine Stabsstelle Controlling geschaffen, die in der Geschäftsführung angesiedelt war. „Diese Stabsstelle habe ich aufgebaut und mich dabei auch um das Thema Förderprojekte gekümmert. Als dann 1998 die erste Förderrichtlinie des Bundesverkehrsministeriums für den Kombinierten Verkehr aufgelegt wurde, waren wir uns bei der LHG schnell einig, dass wir diese Chance ergreifen und ein Terminal bauen wollten.“ Zwar habe es zu dieser Zeit auch schon den Umschlag zwischen Schiene, Schiff und Straße mit Reachstackern gegeben, doch „die Gleise waren eigentlich immer im Weg“, erinnert sich Falk. Das war im Jahr 2000 – und markierte den Aufstieg von Antje Falk von der LHG-Controllerin zur BRG-Managerin: „Weil ich mich ja die beiden Jahre zuvor schon intensiv mit dem Aufbau des Terminals beschäftigt und auch das Betreiberkonzept erstellt hatte, hieß es nur: ‚Dann machen Sie mal!‘ Und ich legte los, BRG ist also wirklich von Anfang an mein Baby gewesen.“ Schnell wurden die zuvor auf dem Terminal mit Reachstackern bearbeiteten Züge zum BRG umgeroutet, so dass der Betrieb zunächst mit drei bis vier täglichen Abfahrten aufgenommen werden konnte.

Akquise auf der transport logistic

„Auf der transport logistic 2003 in München bin ich dann mit einer schönen Präsentation unseres Terminals herumgelaufen und habe Akquise gemacht.“ Bald kamen im Zusammenspiel mit der LHG, Kombiverkehr und den Travemünde anlaufenden RoRo-Reedereien neue Relationen hinzu. „Das war immer ein Gemeinschaftswerk – wie auch mit den Kollegen hier auf dem Terminal.“ Die ließen sie im vergangenen Vierteljahrhundert nie im Stich: „Als es jedoch vor vielen Jahren einmal zu einem unerwarteten personellen Engpass kam, musste der Kranbetrieb aussetzen“, erinnert sich Falk: „Einen fertig beladenen Zug konnten und wollten wir aber noch auf den Weg bringen, als der Wagenmeister dummerweise einen nicht sicher verriegelten Container auf dem vierten Waggon entdeckte.“ So hätte der Zug nicht abfahren dürfen – und Abkuppeln wäre auch keine Option gewesen, „denn dann wäre die Lok nur mit den drei Waggons davor losgefahren“. Also drückte Falk einem Kollegen aus dem Büro ein Funkgerät zur Einweisung in die Hand und kletterte kurzerhand selbst auf den Kran. „Ich habe Blut und Wasser geschwitzt da oben. Es hat eine glatte halbe Stunde gedauert, bis ich den Container richtig aufsetzen konnte, aber es hat geklappt.“ Und wie sie bescheiden zugibt, seien auch ihre Mitarbeiter stolz auf ihre Leistung gewesen: „Unsere Chefin kann’s!“

Was gibt Antje Falk ihrem Nachfolger Dietmar Lonke außer einem bestens aufgestellten Terminal noch mit auf den Weg? „Der Job verlangt ein dickes Fell, Ruhe und Gelassenheit gegenüber den Dingen, die hier täglich auf uns einprasseln.“ Und sie hätte den Wunsch, dass Lonke es schafft, eine Kranführerin für den Job bei BRG zu begeistern – „das ist mir nämlich leider in 25 Jahren nicht gelungen“. (ben)